Energien morgen

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Nur mit einem klugen Mix aus zentralen und dezentralen Technologien wird die Energieversorgung bis zum Jahr 2050 klimafreundlich, sicher und wettbewerbsfähig. Zu diesem Schluss kommt das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ in einer im Januar 2020 veröffentlichten hier skizzierten Stellungnahme. Es gilt, alle Möglichkeiten für den Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen zu nutzen.

So könnte die Zukunft 2050 aussehen: Strom gewinnen wir vor allem aus Wind und Sonne. Autos tanken Strom oder Wasserstoff. Gebäude sind so gut gedämmt, dass sie nicht mehr geheizt werden müssen. Technisch ist das alles machbar. Doch wie kommen wir dahin? Was bleibt zu erforschen? Und wie bezahlen wir den Übergang zu einer nachhaltigeren Energieversorgung? 

Zentrale und dezentrale Elemente im Energiesystem

Die Energieversorgung wandelt sich. Immer mehr Privatpersonen, Energiegenossenschaften und Kommunen betreiben eigene Solaranlagen, Biogasanlagen oder Windparks und ergänzen damit die großen Versorger und Kraftwerke. Bürgerinnen und Bürger werden zunehmend zu Prosumern, die ihr Haus klimaschonend und effizient per Wärmepumpe heizen und die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach sowie ihr Elektroauto mit einem Batteriespeicher verbinden.

Doch können diese dezentralen Systeme allein den zukünftigen Energiebedarf decken? Da Wind- und Solarstrom zunehmend auch im Wärme- und Verkehrssektor fossile Energieträger ersetzen müssen, könnte sich der Strombedarf bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Das zeigt die Stellungnahme „Sektorkopplung – Optionen für die nächste Phase der Energiewende“, die das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) im Jahr 2017 veröffentlicht hat. Eine solch große Nachfrage kann nur gedeckt werden, wenn die Kapazität der Windkraft- und Solaranlagen auf ein Vier- bis Sechsfaches steigt. Dafür brauchen wir in Zukunft neben dezentralen Anlagen auch große Solar- und Windparks, die viel Strom kostengünstig bereitstellen können.

Wie können zentrale und dezentrale Technologien also zu einem funktionierenden Gesamtsystem verbunden werden und eine sichere, klimafreundliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung ermöglichen? Diese Frage haben die deutschen Wissenschaftsakademien in der vorliegenden Publikation untersucht. Sie stellen fest: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie von der Bevölkerung unterstützt wird. Konflikte mit dem Naturschutz und mit Anwohnerinnen und Anwohnern müssen daher mehr in den Fokus der Energiewendeplanung rücken. Darüber hinaus sollten Bürgerinnen und Bürger viel stärker als bisher die Chance haben, sich aktiv in Planungs- und Entscheidungsprozesse einzubringen. Finanzielle und politische Beteiligungsmöglichkeiten können die Akzeptanz für die Energiewende erhöhen. Allerdings zeigt sich auch: Der in Teilen der Bevölkerung ungeliebte Stromnetzausbau ist selbst bei einer stärker dezentral ausgerichteten Energiewende unvermeidbar.

Ein weiteres Ergebnis lautet: Um die kleinteilige Energieversorgung effizient zu steuern, wird Digitalisierung zukünftig unverzichtbar.

Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, muss die Energieversorgung innerhalb weniger Jahrzehnte von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Im Hinblick auf die räumliche Gestaltung der Energiewende gibt es zwei konkurrierende Paradigmen: Zum einen kann Energie möglichst dezentral, das heißt verbrauchsnah in kleinen Anlagen bereitgestellt werden, beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Zum anderen kann Energie vorrangig in Regionen mit guten Wind- und Solarressourcen gewonnen und auch über weitere Strecken zum Verbraucher transportiert werden, wobei auch große Erneuerbare-Energie-Anlagen mit mehreren hundert Megawatt Leistung genutzt werden können. Darüber, welcher der beiden Ansätze vorrangig verfolgt werden sollte, wird kontrovers diskutiert. Dabei wird in der politisch-gesellschaftlichen Debatte eine „dezentrale“ Energieversorgung oft in Verbindung gebracht mit öffentlicher Daseinsvorsorge, Bürgernähe, VorOrt-Entscheidungen und Unabhängigkeit von großen Energieversorgern und ist daher positiv besetzt. Was genau mit „dezentral“ gemeint ist, bleibt allerdings oft diffus – beispielsweise, wie stark und weiträumig die dezentralen Einheiten vernetzt sein sollten. Auch fokussiert die Diskussion oft sehr stark auf die Stromerzeugung, während andere wichtige Aspekte wie die Bereitstellung von Flexibilität, die zunehmende Integration von Strom-, Wärme- und Verkehrssektor sowie die Koordination des Gesamtsystems weniger beachtet werden.

Eine systemische Betrachtung zeigt: Nur mit einem Mix aus zentraleren und dezentraleren Technologien und Koordinierungsmechanismen kann die Energieversorgung klimafreundlich, sicher und wettbewerbsfähig werden. Die einzelnen Elemente müssen dabei zu einem funktionierenden Gesamtsystem integriert werden. Fest steht: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich verstärkt wird.

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Erdwärmekraftwerk (Bild: WikiImages auf Pixabay)

Der richtige Mix für eine stabile und nachhaltige Versorgung

Nur mit einem Mix aus zentralen und dezentralen Technologien kann die Energieversorgung klimafreundlich, sicher und wirtschaftlich werden. Die Herausforderung liegt darin, die einzelnen Elemente zu einem funktionierenden Gesamtsystem zu integrieren. Die Arbeitsgruppe „(De-)zentrale Energieversorgung“ des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ schlägt dazu vor:

  • Damit Deutschland bis 2050 treibhausgasneutral werden kann, müssen alle Potenziale beim Ausbau der Wind- und Photovoltaikanlagen erschlossen werden. Photovoltaikanlagen auf Dach- und Gebäudeflächen, Doppelnutzungen wie Wind- oder Solarenergie und Landwirtschaft, Windenergie auf See und Energieimporte können die entstehenden Flächenkonflikte entschärfen.
  • Ohne den Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze wird die Energiewende scheitern – egal, ob das Energiesystem zentraler oder dezentraler ausgerichtet ist. Kommt der Netzausbau wegen fehlender Akzeptanz nur langsam voran, können dezentrale Ansätze dazu beitragen, die kurz- bis mittelfristigen Ausbauziele der erneuerbaren Energien dennoch zu erreichen.
  • Digitale Anwendungen sind unabdingbar, um das Energiesystem effizient zu steuern. Je dezentraler das Energiesystem, desto mehr Akteure prägen es – dadurch steigt die Komplexität. Intelligente Verteilungsnetze vernetzen Erzeuger, Speicher und Verbraucher.
  • Ein neues, entschlacktes Regulierungssystem kann Innovationen fördern und systemdienliches Prosuming ermöglichen. Werden Erneuerbare-Energieanlagen netzdienlich ausgebaut und betrieben, spart dies Kosten für zusätzlichen Netzausbau.
  • Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie von der Bevölkerung aktiv unterstützt wird. Politische und ökonomische Beteiligungsmöglichkeiten können dazu beitragen.
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Bioenergie aus NaWaRo Holz (Bild: Free-Photos auf Pixabay)

Erneuerbare-Energieanlagen und Netze umfassend ausbauen

Ausbau der Erneuerbare-Energieanlagen verstärken

Beim Umbau der Energieversorgung besteht erheblicher Zeitdruck: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn die erneuerbaren Energien deutlich schneller ausgebaut werden als bisher. Zwar sind die Kosten für Wind- und Solarenergieanlagen deutlich gesunken, doch stoßen der Ausbau der Windenergie an Land und der Netzausbau derzeit auf erheblichen Widerstand vor Ort. Um den zukünftigen Strombedarf klimaneutral decken zu können und gleichzeitig den Konflikt mit Naturschutz sowie Anwohnerinnen und Anwohnern nicht zu verschärfen, braucht es eine kluge Mischung zentraler und dezentraler Technologien – an Land und auf See, im Norden und im Süden. Folgende Maßnahmen kommen für einen umwelt- und sozialverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien infrage:

  • Dezentrale Photovoltaikanlagen in bereits bebauten Gebieten – insbesondere auf Dachund Gebäudeflächen – werden von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und sollten daher verstärkt ausgebaut werden.
  • Gleichzeitig tragen große Solarparks dazu bei, Strom kostengünstig zu erzeugen. Hierbei könnten sogenannte Agrophotovoltaik-Systeme die Flächenkonkurrenz mit der Landwirtschaft entschärfen. Dabei werden die Solaranlagen höher installiert, sodass darunter Landwirtschaft betrieben werden kann.
  • Windenergie auf See bietet den Vorteil, dass die Anlagen den Alltag der Bürgerinnen und Bürger kaum beeinflussen. Allerdings müssten dafür die Netze stark ausgebaut werden. Die ökologischen Auswirkungen der Offshore-Windenergie sollten stärker erforscht werden.
  • Energieimporte helfen, Synergien zu nutzen und auch den Ausbau regenerativer Energieanlagen in Deutschland zu reduzieren. Das europäische Verbundnetz ermöglicht hier den grenzübergreifenden Stromhandel und den Ausgleich von Schwankungen.
  • Regional differenzierte marktliche beziehungsweise netzentgeltbasierte Anreize führen zu einem besser auf den Netzausbau abgestimmten regionalen Ausbau der erneuerbaren Energien.
Netzausbau umsetzen

Für eine erfolgreiche Energiewende ist der Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze unumgänglich. Auch ein stärker dezentral geprägtes Energiesystem ändert daran nichts. Bei einem verzögerten Übertragungsnetzausbau können dezentrale Solaranlagen in Kombination mit Speichern und Power-to-Gas-Technologien allerdings dazu beitragen, die Klimaziele trotzdem zu erreichen. Von Haushalten dezentral betriebene Batteriespeicher können die schwankende Einspeisung der Wind- und Solaranlagen für wenige Stunden ausgleichen. Zur Überbrückung mehrwöchiger Dunkelflauten sind chemische Energieträger wie Wasserstoff oder Methan erforderlich – diese lassen sich nur in größeren, zentraleren Anlagen herstellen. Da Speicher bisher noch sehr teuer sind, sollte die Forschung zur Kostenreduktion von Speichertechnologien ausgebaut werden.

Je mehr Strom dezentral eingespeist wird, desto stärker müssen Stromerzeugung und -verbrauch im Verteilungsnetz ausgeglichen werden. Dazu kann unter anderem die Steuerung von neuen flexiblen Verbrauchern wie Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen beitragen.

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Hydroelektrische Energieerzeugung (Bild: shonamcq auf Pixabay)

Das Energiesystem digital steuern und systemdienlich betreiben

Digitalisierung sicher gestalten

Mit dem steigenden Anteil dezentraler Elemente wird das Energiesystem immer komplexer und vernetzter: Je mehr Erzeugungsanlagen, Speicher und flexible Verbraucher Teil des Systems sind, desto aufwendiger wird die Koordination. Auch die zunehmende Sektorenkopplung trägt dazu bei.

Überwiegend dezentrale Systeme sind schwieriger zu koordinieren als zentralere Energiesysteme, weil es mehr Akteure gibt. Ein erhöhter Automatisierungsgrad ist unerlässlich, um solche Systeme effizient zu steuern. Digitale Anwendungen wie Künstliche Intelligenz sowie autonome und selbstlernende Systeme können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Vor allem für kleine Prosumer wie Haushalte ist ein niedrigschwelliger Zugang zu sicheren Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) entscheidend. Intelligente Verteilungsnetze spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in dezentraler ausgerichteten Systemen.

Digitalisierte Energiesysteme bergen aber auch Risiken: Sie bieten mehr Angriffsfläche für Cyberkriminelle und es ist nicht auszuschließen, dass autonome Systeme unbeabsichtigt gegeneinander agieren und das Energiesystem destabilisieren können. Ein Fokus sollte darauf liegen, die Schäden im Fall eines Angriffs oder einer Störung in Grenzen zu halten. Mehrschichtige Strukturen und dezentrale Zellen, die sich vom übergeordneten Netz abkoppeln und so eine lokale Grundversorgung gewährleisten können, fördern die Resilienz des Energiesystems.

Die Digitalisierung muss vorausschauend gestaltet werden. Denn in Zukunft müssen dezentrale Erzeugungsanlagen immer stärker dazu beitragen, das Gesamtsystem zu stabilisieren. Anlagen sollten daher schon bei ihrer Installation mit der dafür notwendigen Sensorik und Aktorik ausgestattet werden. Das erleichtert spätere Updates, um auf geänderte regulatorische Rahmenbedingungen reagieren zu können. Fehlt hingegen die passende Hardware, ist eine Nachrüstung sehr aufwendig, teuer und langwierig.

Anlagen und Technologien systemdienlich ausbauen und betreiben

Um die Versorgungssicherheit jederzeit zu gewährleisten und den Netzausbau zu begrenzen, müssen dezentrale Anlagen systemdienlich betrieben werden. So lassen sich lokale Netzengpässe entschärfen. Dies muss zum einen durch entsprechende IKT bei Anlagen- und Netzbetreibern technisch ermöglicht werden. Zum anderen müssen rechtlich-ökonomische Rahmenbedingungen Anreize für systemdienliches Verhalten setzen. So können lokale Märkte zur Engpassbewirtschaftung Netzengpässen entgegenwirken. Netzknotenscharfe, zeitvariable Preise ermöglichen es darüber hinaus, Netzengpässe im Strompreis zu berücksichtigen. Sie erfordern allerdings eine starke Umgestaltung des Strommarktes.

Zugleich sollten Stromerzeugungsanlagen und Flexibilitätstechnologien netzdienlich ausgebaut werden. Momentan werden Erneuerbare-Energieanlagen besonders im Norden und Osten Deutschlands errichtet – benötigt wird ihr Strom aber vor allem im Süden und Westen. Regionale Komponenten im Vergütungsmodell könnten dafür sorgen, dass die Netzsituation stärker bei der Standortauswahl berücksichtigt wird.

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Windpark auf See (Bild: David Will auf Pixabay)

Stabile Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen schaffen

Regulierung entschlacken

Nur wenn die rechtlich-ökonomischen Rahmenbedingungen stimmen, sind Akteure bereit, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Das Regulierungssystem muss daher Innovationen begünstigen und so das Fundament für umweltschonende Technologien, Produkte und Dienstleistungen legen. Damit der Markt zum „Wettbewerb der Ideen“ werden kann, sollten die kleinteiligen Einzelregelungen von einem neuen, verschlankten Regulierungssystem abgelöst werden.

Eine sektorenübergreifende CO2-Bepreisung als Leitinstrument für den Klimaschutz kann dazu beitragen, die Klimaschutzziele möglichst kostengünstig zu erreichen. Damit der CO2– Preis eine Lenkungswirkung entfalten kann, muss er jedoch ausreichend hoch sein.

Darüber hinaus sind ergänzende Instrumente erforderlich – unter anderem, um die externen Kosten durch flächenbezogene Konflikte abbilden zu können. Gefragt sind Maßnahmen wie eine verbesserte Raumplanung, die für mehr Akzeptanz beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze sorgen können.

Modellrechnungen deuten darauf hin, dass dezentralere Systeme, in denen Strom vorrangig in kleinen, verbrauchsnahen Anlagen erzeugt und gespeichert wird, wahrscheinlich etwas teurer sind als zentralere Systeme. Die Mehrkosten betragen aber nur wenige Prozent. Allerdings wurden langfristige Szenarien mit umfassend dezentralen Systemen bisher kaum wissenschaftlich untersucht. Um zentrale und dezentrale Systeme besser vergleichen zu können, sollten eine größere Bandbreite von Energieszenarien erforscht und die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt stärker berücksichtigt werden. Für einen aussagekräftigen Kostenvergleich ist es zudem wichtig, in zukünftigen Studien die Verteilnetze stärker zu berücksichtigen.

Systemdienliches Prosuming ermöglichen

Solaranlagen auf bebauten Flächen genießen die größte Akzeptanz in der Bevölkerung. Um Gebäudebesitzerinnen und -besitzer davon zu überzeugen, ihre Dachflächen für den Photovoltaikausbau zur Verfügung zu stellen, könnte individueller und kollektiver Eigenverbrauch bis hin zu Quartierslösungen erleichtert werden. Ansatzpunkte dafür bietet das Clean Energy Package der Europäischen Union. Auf lange Sicht greift die Fokussierung auf den Eigenverbrauch aber zu kurz. Denn das Ziel sollte eine möglichst umfassende Nutzung der vorhandenen Dach- und Gebäudeflächen für die Energiegewinnung sein, auch über die Deckung des eigenen Strombedarfs hinaus.

Prosumer sollten ihren selbst erzeugten Strom systemdienlich einsetzen können. Dazu sollte der Markt verschiedene Prosuming-Modelle ermöglichen, ohne ständig neue Sonderregelungen oder unnötige Hürden für kleine Akteure zu schaffen. Gleichzeitig sollte der regulatorische Rahmen so gesetzt werden, dass ein schnelles Eingreifen möglich wird, falls das Prosuming rasant anwächst und negative Auswirkungen auf das Gesamtsystem hat. So könnte ein Anteil von Eigenverbrauchsanlagen gesetzlich festgelegt werden, ab dem sich die Anforderungen an eine systemdienlichere Betriebsweise verschärfen.

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Solarenergie Photovoltaik-Anlage (Bild: PublicDomainPictures auf Pixabay)

Politische und ökonomische Beteiligung ermöglichen

Ökonomische Teilhabe

Die Energiewende steht und fällt mit der aktiven Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger. Werden lokale Akteure finanziell an der Wertschöpfung erneuerbarer Energien beteiligt, kann dies positive Auswirkungen auf die Akzeptanz haben. Ein bundesweites Bürger- und Gemeinde-Investitionsbeteiligungsgesetz könnte zum Beispiel dazu beitragen. Der Vorteil: Bundesweit gelten gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Beteiligten. Landesrechtliche Regelungen hingegen lassen mehr Raum für die spezifischen Anforderungen der Länder.

Investitionsbeteiligungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen, die Erhöhung der Gewerbe- oder Grundsteuer und Sonderabgaben der Betreiber an betroffene Gemeinden stellen weitere Modelle der finanziellen Beteiligung dar.

Politische Beteiligungsmöglichkeiten

Werden Bürgerinnen und Bürgern politische Beteiligungsmöglichkeiten auf den unterschiedlichen Handlungs- und Entscheidungsebenen eingeräumt, können sie die Energiewende aktiv mitgestalten. Während Bürgerbeteiligungen auf lokaler und regionaler Ebene bereits etabliert sind, sollten partizipative Verfahren auf Landes- und Bundesebene gestärkt werden:

  • Die Interessen des Gemeinwohls bei der Raumplanung können in Bürgerversammlungen durch sogenannte „Planungsschöffen“ vertreten werden, die per Los ausgewählt werden.
  • Ein gesellschaftsübergreifender Energiewendedialog könnte Ziele, Systemzusammenhänge und Lösungsalternativen aus verschiedenen Perspektiven beleuchten und dabei helfen, gesellschaftlich akzeptable und ethisch verantwortbare Lösungen für den Umbau der Energieversorgung zu finden.
  • Bestehende Beteiligungsprozesse bei lokalen Planungs- und Genehmigungsverfahren könnten durch eine verbesserte Ressourcenausstattung und einen Kompetenzaufbau bei den Trägern verbessert werden.
  • Informelle Formate wie „Runde Tische“ und Dialogplattformen ergänzen diese Maßnahmen.

Darüber hinaus braucht es neue Formen der Aus- und Weiterbildung für Fachkräfte. Denn das komplexer werdende Energiesystem stellt Fachkräfte vor Herausforderungen. Beispielsweise erfordert die Sektorenkopplung zunehmend fachübergreifende Kenntnisse zu Energiebereitstellung und verbrauch in den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Auch Kenntnisse zum Datenmanagement und zur IT-Sicherheit werden immer wichtiger. Nicht zuletzt gewinnt sozial- und geisteswissenschaftliches Fachwissen – etwa aus Umweltpsychologie und Politikwissenschaften – an Bedeutung, um den erforderlichen gesellschaftlichen Transformationsprozess zu verstehen und zu gestalten.

Damit sich alle Beteiligten sinnvoll einbringen können, benötigen sie ein hohes Maß an Wissen über die relevanten Systemzusammenhänge. Um die Kenntnisse in der Bevölkerung zum Klimaschutz und zum Energiesystem zu erhöhen, sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Planerinnen und Planer sowie Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten gefragt, ihr Fachwissen noch verständlicher zu vermitteln. Denn nur wenn dieses Wissen transparent und umfassend bereitgestellt wird, können alle gesellschaftlichen Akteure aktiv zum Erfolg der Energiewende beitragen.

Quelle: Projekt Esys Stellungnahme (pdf)

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