Die Zukunft der Bioenergie

Bauholz

ISCC ist die Abkürzung für International Sustainability & Carbon Certification, ein Zertifizierungssystem für Biomasse und Bioenergie

ISCCs Ziele

Beitrag zur Umsetzung einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Produktion und Nutzung aller Arten von Biomasse in globalen Lieferketten

ISCC arbeitet auf einen grünen und lebenswerten Planeten hin
  • Implementierung von Zero-Entwaldung
  • Schutz von Land mit hohem Biodiversitätswert und hohem Kohlenstoffbestand
  • Schutz von Boden, Wasser und Luft
  • Einhaltung von Menschen-, Arbeits- und Landrechten
  • Messung und Reduzierung von Treibhausgasemissionen
  • Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten
  • Integration von Kleinbauern in internationale Lieferketten
  • Einhaltung von Gesetzen und internationalen Verträgen
  • Gute Managementpraktiken
ISCC betreibt Nachhaltigkeitszertifizierung für alle Rohstoffe und Märkte auf globaler Ebenen

Im Forum Umwelt & Entwicklung berichtete Monika Hoegen, entwicklungspolitische Fachjournalistin in Brüssel von der ISCC-Konferenz im Februar 2018, die Gedankenaustausch betrieb, wie die weltweiten Klimaziele aus dem Pariser Abkommen zu erreichen sind, hier im Beitrag als Großzitat:

Mehr Bioenergie ja – aber wie macht man’s richtig? – ISCC Konferenz in Brüssel: Nachhaltigkeit bei Biofuels nicht leicht zu erreichen

Dass der zertifizierte Rum aus Guatemala draußen im Foyer durchaus trinkbar war, darüber herrschte weitgehend Einigkeit. Ebenso wie drinnen im Saal über die Einschätzung, dass nur eine komplette globale Dekarbonisierung dazu führen wird, die weltweiten Klimaziele aus dem Pariser Abkommen zu erreichen und eine weitere drastische Erwärmung der Erdatmosphäre über 2 Grad Celsius hinaus aufzuhalten. Einigkeit schließlich auch darüber, dass die Bioenergie dabei eine beträchtliche Rolle spielt – nur wie und in welchem Mix genau, da enden die übereinstimmenden Einschätzungen. Das jedenfalls wurde deutlich bei der 8ten „Global Sustainability Conference“, zu der die Umwelt- und Zertifizierungs-Organisation International Sustainability & Carbon Certification (ISCC) rund 250 TeilnehmerInnen nach Brüssel geladen hatte. Motto des Tages: die Zukunft der Bioenergie.
Und da gibt es gleich mehrere Stolpersteine. Zum einen sei derzeit noch gar nicht genügend Bioenergie vorhanden, um das Potenzial für den Klimaschutz voll ausschöpfen zu können, so Professor Jan Christoph Minx vom „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change“ mit Sitz in Berlin. Zum anderen herrsche noch „substanzielle Uneinigkeit“ darüber, was nachhaltige Bioenergie eigentlich ist. Und dann gibt es ja noch die sich nicht selten widersprechenden Interessen der verschiedenen Akteure. Bei den derzeit laufenden Verhandlungen über eine Neufassung der europäischen Richtlinie zu Erneuerbarer Energie (Renewable Energy Directive, RED) wird das besonders deutlich.

Kappung der Obergrenze?

Zum Hintergrund: Am 30. November 2016 legte die Europäische Kommission einen Entwurf zur Neufassung von RED vor. Diese „RED II“ sieht unter anderem einen Anteil von 27 Prozent Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahre 2030 vor – dies schließt die Sektoren Heizen, Kühlen und Transport ein. Bioenergie spielt dabei eine nennenswerte Rolle – auch und gerade im Transportsektor. Allerdings soll der Einsatz der umstrittenen Biokraftstoffe, also solche Kraftstoffe, die auf Basis von Nahrungs- oder Futtermitteln erzeugt werden, deutlich reduziert werden. So soll die Obergrenze für Biofuel-Beimischungen im Sprit bis 2030 von derzeit 7 auf 3,8 Prozent sinken. Damit will man vor allem der massiven Kritik Rechnung tragen, die in den vergangenen Jahren immer wieder von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen mit Blick auf die erste Generation der Biokraftstoffe, und da vor allem Palmöl, laut wurde. Palmöl wird in Ländern wie Indonesien und Malaysia aber auch in Lateinamerika in großen Stil auf Mono-Plantagen angebaut, reduziert so das verfügbare Land für den Anbau von Nahrungsmitteln und zerstört dort die Lebensgrundlage vieler Kleinbäuerinnen und -bauern. Die Diskussion wurde unter dem Slogan „Tank-oder-Teller Debatte“ bekannt.
Mit der Kappung der Obergrenze für solche „konventionell“, also – noch – nicht nachhaltig erzeugte Bioenergie will die EU-Kommission in ihrem jetzt vorliegenden RED II Vorschlag „ein politisches Signal setzen“, und den Weg für mehr nachhaltige Biofuels frei machen, wie Bernd Kuepker von der Generaldirektion Energie bei der Brüsseler ISCC Konferenz bekundete. Doch dieser Umgang mit den Biokraftstoffen schmeckt nicht allen. So spricht sich zum Beispiel Dieter Bockey von der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (ufop) dafür aus, nicht alle Pflanzen- und Getreideöle in einen Topf mit Palmöl zu werfen – und die Gesamt-Obergrenze von Biokraftstoff-Beimischungen auf 7 Prozent zu belassen. Bockey: „Statt mehr Kappung brauchen wir mehr Differenzierung.“ Beispielsweise eine separate Quote von 4 Prozent für solche Biofuels, die Bockey zu den „Guten“ zählt: Getreide, Raps, und Sonnenblumen zum Beispiel. Schließlich werde etwa bei der Verarbeitung von Raps außer 40 Prozent Öl (einsetzbar für Biokraftstoffe) auch 60 Prozent Rapsschrot gewonnen – das als gentechnikfreies Viehfutter verwendet werden kann. Damit ließen sich die ebenfalls umstrittenen Soja-Importe, etwa aus Argentinien und Brasilien, als Futtermittel hierzulande einsparen – ein weiterer Gewinn für die Umwelt und den Klimaschutz.

„Bann für Palmöl nicht zielführend“

Einen Bann für Palmöl als Biokraftstoff hält Siim Meeliste, Vertreter der estnischen Regierung und Vorsitzender der RED II Verhandlungsrunde, nicht für zielführend. Denn den vielkritisierten Monokulturen ginge es dabei aus zwei Gründen kaum an den Kragen: Erstens werde Palmöl nur zu einem kleineren Teil dem Kraftstoff beigemischt – es komme in beträchtlichen Mengen auch in zahlreichen anderen Produkten, etwa Kosmetika zum Tragen. Und zweitens, „verkauft Indonesien sein Palmöl dann eben an Russland statt an die EU.“ Diesen Ausweg würde auch eine in der EU geforderte, mögliche Zertifizierung für nachhaltig erzeugte Biokraftstoffe kaum versperren. Dennoch hält Jörg Dürr Pucher von der Deutschen Umwelthilfe eine solche Zertifizierung für „essentiell“ – und war sich in Brüssel damit einig mit Nina Chini, Vertreterin des französischen Ministeriums für Ökologie, Nachhaltige Entwicklung und Energie. Allerdings, so Pucher, „wissen wir auch, dass es extrem schwierig ist, eine solche Nachhaltigkeit auf allen Erzeugungsstufen etwa von Palmöl sicherzustellen.“
Ein anderer Weg könnte darin bestehen, liquide und aus pflanzlichen Stoffen gewonnene Biofuels durch Strom, gewonnen aus Erneuerbarer Energie zu ersetzen – also sprich mit Elektrofahrzeugen. Dazu jedoch, so sagen KritikerInnen, gäbe es im vorliegenden RED II Entwurf der Kommission – genauso wie in der bisherigen Direktive – zu wenig Anreize. Zudem ist eine solche Elektrifizierung nicht in allen Verkehrssektoren möglich. So seien besonders Flug- und Schiffstransport langfristig weiter auf flüssigen Kraftstoff angewiesen. Dennoch gibt es auch in diesem Bereich einen Unterschied von RED II zur bisherigen Richtlinie: Bislang nämlich waren Flugzeugkraftstoffe von der Quote für Biofuels ausgenommen – sie sollen aber künftig in der Quote enthalten sein, gewertet mit dem 1,2-fachen ihres Energiegehaltes. Und noch etwas ist anders in RED II: Die Nachhaltigkeitskriterien der EU, bislang nur gültig für flüssige Biokraftstoffe, werden auf Biomasse-basiertes Heizen und Kühlen sowie auf Elektrizität und Forstbiomasse ausgedehnt.

„Taten statt schöner Worte“

Nun gehen die Verhandlungen über RED II erstmal im so genannten Trilog zwischen EU Kommission, Parlament und Rat weiter. Start dazu ist am morgigen Dienstag (27. Februar). Auch bei der Internationalen Konferenz zu nachhaltigen Biokraftstoffen im indischen Neu Dehli im November dieses Jahres wird wohl weiter um den richtigen Mix für diese Energieform gerungen werden. Klar ist bei all dem nach Meinung von José Blanco López, spanischer EU Abgeordneter und Verhandlungsführer des Parlamentes zu RED II jetzt schon eines: Ambitionierte Ziele und Obergrenzen nützen nichts, solange die Mitgliedstaaten „das zwar auf Gipfeln beschließen, sich aber national nicht daran halten oder es viel zu unterschiedlich interpretieren“. López: „Wir können nicht mehr länger mit schönen Worten zur Nachhaltigkeit daherkommen, jetzt müssen Taten folgen.“

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